Mittwoch, 15. Mai 2013

Wie ein einziges Wort meine schöne Scheinwelt zum Einsturz brachte...

Zurückhaltend.

Tausend Mal hallt es in meinem Kopf. Zurückhaltend. Ein kleines, dummes, unbedeutendes Wort für jeden Anderen. Nicht für mich. "Zurückhaltend" gehört nicht hier hin. Nicht in dieses Leben, dass ich mir so lange versucht habe aufzubauen. Ich hatte es doch hinter mir gelassen. Lag ich denn so falsch in meiner Selbsteinschätzung? Bin ich wirklich noch dieser Mensch von damals? Zurückhaltend?!

So oft habe ich es gesagt bekommen. Ich sei ruhig, zurückhaltend und unscheinbar. Und ich habe es jedes Mal aufs Neue gehasst. Die Personen verurteilt, die mich so genannt haben, obwohl ich wusste, dass es zutraf. Ich konnte nicht anders.

Bis zu dem Tag, als sich alles änderte. Als mein Flug ins Ungewisse losging. Ich auf mich alleine gestellt war, ohne Plan, ohne Hilfe. In dieser Zeit habe ich so viel dazugelernt, habe mich durchgeschlagen. Zurückhaltend? Oh nein, auf keinen Fall! Ich war ein anderer Mensch. Bin ein anderer Mensch.

Und dann das, heute. Wie ein Schlag ins Gesicht. Er hätte alles sagen können. Unorganisiert, keine Führungskraft, nicht intelligent genug, asozial. Alles. Nur das nicht! Scheisse.

Da ist es nun wieder. Dieses alte Raster. Dieser Drang, die Leere zu füllen.


"Bist du auf Diät?" Zack. Die nächste Faust mitten ins Herz. Zack. "Jaaaaaaaaa, verdammt, mein ganzes Leben besteht seit fünf Jahren nur aus Diäten. Aus Fressen und Hungern. Die Waage ist meine beste Freundin und mein grösster Feind zur gleichen Zeit. Ich hasse mich jeden Morgen aufs Neue, weil ich 100g mehr wiege. Ich esse den ganzen Tag keinen Bissen, damit ich mich abends mit tausenden Kalorien vollstopfen kann. Und was am allertollsten ist, ich nehme dabei auch noch zu." Nein, hab' gestern zwei Kuchen gebacken, und den einen schon selbst vertilgt. Deshalb hab' ich grad überhaupt keine Lust mehr auf Süsses."

Das nächste Fettnäpfchen heute. Nur weiss er nicht, dass er hineingetreten ist. Zum zweiten Mal. Nur meine schöne, kleine Scheinwelt schien zu platzen: "Diät? Habe ich das nötig? Bin ich wirklich so fett, wie ich selbst immer denke?!" Da bröselt sie dahin. Die schöne Welt. So schnell kann's gehen. Naja. Er kann ja nichts dafür. Und anschliessend gab's ja ein zweites Stück Kuchen für ihn, weil ich keins gegessen hab'.


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