Freitag, 30. Oktober 2015

Let it all go.

Wunderschöner Song.
Heute bei der Arbeit - kurz vor Feierabend - lief er im Radio. Mein Tag war beschissen. Und dann spielten sie dieses Lied. Und alles kam hoch. Es fühlt sich an, wie ein Stich ins Herz.
Zum Glück war niemand im Zimmer, der mich weinen gesehen hat.

Manchmal ist da dieser Drang in mir, traurig sein zu wollen. Ich weiss nicht, wie ich das genau beschreiben soll. Aber ich fühle mich dann so, als ob mein Herz zerspringt. Und dann hilft es mir, ein trauriges, schönes Lied zu hören und zu weinen. Alleine.
Oft nützt es dann tatsächlich und es geht nachher wieder besser. Manchmal macht es mich wohl auch noch trauriger. Und dann beginne ich, alte Fotos anzuschauen. Bewundere mich im Nachhinein. Und wünsche mir all das zurück. Das Lachen, die dünnen Arme, die zierlichen Hände, die Fitness, meine Freunde von damals.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie weh das in dem Moment tut. Wenn man weiss, dass man eigentlich alles mal hatte und dabei trotzdem nicht glücklich war. Und jetzt alles verloren hat und immer noch unglücklich ist.

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Ich war erst einmal in meinem Leben bei einem Arzt. Als Kind. Jetzt bin ich 23. Und habe mich endlich dazu durchgerungen, einen Termin zu machen. Blutbild. Irgendwie war ich wohl der Hoffnung, dass ich alles auf einen simplen Vitaminmangel oder auf die Schilddrüse schieben könnte. Irgendwie. Trotzdem hat es mich extreme Überwindung gekostet. Vielleicht ist da auch immer dieser Hintergedanke, jemand könnte herausfinden wie krankhaft mein Verhalten ist.
Jedenfalls war ich da. Habe erklärt. Geredet. Und irgendwie war es schön, dass mir einfach mal jemand zuhört. Und mich ernst nimmt. Er hat mich mit gesunder Ernährung zugelabert, obwohl ich vermutlich viel mehr darüber weiss, als er selbst. Mich über dies und das aufgeklärt. Und mir gesagt, meine Blutwerte wären top. Die Müdigkeit kommt von anderswo.

Tja, und da ist sie hin, meine Hoffnung. Eigentlich ist es mir ja schon lange klar. Ich bin depressiv. Ich bin krank. Und es gibt mir irgendwie auch ein bisschen Kraft, überhaupt weiterzuleben. So extrem es auch klingen mag, mir gefällt dieses Gefühl, zu wissen, dass die Leute aus meinem Umfeld keine Ahnung haben. Dass sie mit mir sprechen, mich um Rat fragen. Sich auf mich verlassen, mir ihre Probleme anvertrauen. Und bei jedem Gespräch ist da dieser Gedanke, dass sie mich überhaupt nicht kennen. Dass ich meine Maske wahre. Und gut schauspielern kann. Denn es ist ja alles in Ordnung. Oder?

Ich weiss nicht weiter. Aber ich kann auch nicht aufhören. Die Welt dreht weiter. Ich muss zur Arbeit. Obwohl ich keine Kraft mehr habe für diese ganze Scheisse. Obwohl ich am liebsten einfach mal zugeben würde, wie schwach ich in Wirklichkeit bin. Und wie verdammt unwichtig mir das alles ist. Weil ich einfach nur will, dass es aufhört.

Freitag, 23. Oktober 2015

Manchmal wünsche ich mir, jemand würde es verstehen.

Manchmal wünsche ich mir, jemandem alles zu erzählen. Alles, was mich jeden Tag aufs Neue so fertig macht. Alles, was ich mir selbst antue, nur um zu spüren, dass ich überhaupt noch da bin.
Manchmal wünsche ich mir, jemand würde mich in die Arme nehmen und sagen, dass alles gut ist. Dass es vorübergehen wird. Irgendwann. Und am Ende alles in Ordnung sein wird. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mein Leben ernst nehmen. Ich wünsche mir, es würde mir etwas bedeuten.

Es ist so verdammt schwer, sich auf das Leben zu konzentrieren, wenn ständig diese Gedanken im Kopf herumspuken. Diese Gedanken, dass alle Dinge, die ich mache doch gar nicht wichtig sind. Alle Gespräche die ich führe, doch unnötig sind. Weil ich ja eh genug von meinem Leben habe. Weil ich einfach nicht mehr kann. Und ich weiss nicht mal genau, weshalb das so ist, weshalb ich so denke. Keine Freude habe.
Aber vermutlich ist dieser Teufelskreis momentan schon so gross, dass es einfach keinen Lichtblick mehr gibt. Manchmal möchte ich einfach schreien. Schreien: "Verdammt, seht ihr eigentlich nicht, wie beschissen es mir geht? Ihr habt ja so was von keine Ahnung vom Leben! Ihr könnt euch alle nicht vorstellen, wie verdammt weh es tut, jeden Morgen aufzustehen und diesen Stich im Herzen zu spüren, wenn man an den bevorstehenden Tag denkt. Wenn man Abends nicht schlafen möchte, damit es nicht morgen wird.

Da sind so viele Dinge, die in meinem Kopf herumspuken. Seit Jahren. Und nur in meinem Blog kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen.


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Ich blättere im Album. Ich weiss nicht, wie lange schon. Bestimmt habe ich die Bilder schon tausendmal angeschaut. Trotzdem zieht es mich immer wieder wie magisch zum Album. Ich schlage auf. Fahre mit dem Finger über das Bild. Bewundere die schöne Landschaft. Und das Mädchen darauf. Schlanke Beine, eine sportliche Figur. Sie lacht. Ihr Haar weht im Wind. Und ihre Augen strahlen. Ich höre das Meer rauschen. Rieche das Salz. Meine Gedanken schweifen ab. Meine Finger bohren sich in meine Oberschenkel. Tränen tropfen auf das Album mit dem Mädchen.
Ich wünsche sie mir so sehr wieder zurück. Dieses Zeit. Dieses Mädchen. Das Lachen.
Gleichzeitig weiss ich wohl, dass ich seit Jahren ohne Erfolg versuche, sie zurückzuholen. Ich schaffe es nicht und langsam sinkt meine Hoffnung. Nochmal schaue ich das Mädchen an. Versuche mir alle Details einzuprägen. Ich schaue sie an und kann es kaum fassen, dass das wirklich ich war. Dass ich jemals so glücklich und zufrieden war.

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Ich lüge oft. Aber wer schon nicht. Auf die Frage nach meiner Gesundheit folgt immer ein "gut". Auch wenn es mir in Wahrheit meistens beschissen geht. Auch wenn ich mir in Wahrheit wünsche, weg zu sein. Oder mir gerade zuvor mit dem Messer die Haut aufgeschnitten habe.


"Es ist dieses Gefühl, morgens nicht in den Tag hinein gehen zu wollen, weil es nichts gibt, auf das man sich freut."
 
"...weil es ein unendlicher Kampf ist, in mir drin."

"...mit einem Mal denkst du, du bist ja gar nichts mehr Wert. Du bist eine Null geworden."
"Es ist furchtbar, wenn man feststellt, dass sogar die Dinge, die früher Spass gemacht haben, plötzlich keine Spass mehr machen."

Freitag, 9. Oktober 2015

ich vermisse es.

Ich vermisse dieses leere Gefühl. Vermisse es, zu wissen, dass ich es heute mal wieder geschafft habe, den Tag ohne zu essen zu überstehen. Vermisse diese Leichtigkeit. Den dünnen Bauch. Die schlanken Beine. Die Zufriedenheit beim Einkaufen, wenn ich mich im Spiegel ansah. Die Überlegenheit, die ich hatte.
Ja, ich vermisse alles. So krank es auch klingen mag, ich vermisse sogar die Aufmerksamkeit, die ich für kurze Zeit bekommen habe. Aber am allermeisten vermisse ich meine schlanken Handgelenke und das Knurren meines Bauches. Die Gewissheit, die Kontrolle zu haben.

Es fühlt sich gerade wie ein Stich ins Herz an. Ich will diesen fetten, ekligen Körper nicht mehr. Ich will das Fett an meinen Beinen nicht mehr spüren. Die Cellulite und die Pickel sollen wieder verschwinden. Ich möchte die Lücke zwischen meinen Oberschenkeln wieder sehen. Ich hasse mich gerade. Es macht mich so kaputt. Und immer wieder aufs Neue enttäusche ich mich selbst. Nur, weil ich es jeden Tag aufs Neue nicht schaffe, weniger zu essen.
Jeden Abend schaue ich mir die Bilder von früher an, Tränen laufen mir übers Gesicht. Einerseits weil es mich traurig mach, was ich aus meinem Leben bisher gemacht habe, andererseits, weil ich einfach wütend auf mich bin. Wütend, weil ich diese ganze Arbeit die ich hatte. Das mühsame Verzichten innerhalb eines halben Jahres zerstört habe. Wütend, weil ich so dick bin, wie noch nie zuvor. Und mit jedem Tag dicker werde.

Rückblick:
Endlich hat sie sich überwunden. Monatelang könnte sie nicht über den Schatten springen und neue Hosen kaufen. Monatelang hat sie gehofft, es irgendwann noch zu schaffen, diese 12 kg wieder abzunehmen. Heute hat sie sich eingestanden, dass sie das wohl nicht mehr schaffen wird. Und sie wohl oder übel nie mehr in die Hosen der Grösse 34 und 36 passen wird.
So banal es für die einen klingen mag, für sie war es das grösste Versagen in ihrem bisherigen Leben.
Grösse 38. Ok. Hosen gepackt und in die Kabine. Irgendwie hatte sie wohl gehofft, die würden locker sitzen. Dem war nicht so. Grösse 38. Passt. Scheisse. Scheisse. Scheisse. In diesem Moment brach ihre ganze Welt zusammen. Tränen liefen über ihre Wangen. Nach einer Ewigkeit ging sie zur Kasse. Bezahlte. Lief nach Hause.
Ein ganz normaler Tag für viele Menschen. Für sie nicht.

Ja, in meinem Kleiderschrank liegen diese Hosen in Grösse 38. Zwei Paar. Ich könnte kotzen. Ich kann mir noch so lange einreden, dass mein Gewicht in Ordnung ist. Ich kann mir noch so lange von anderen anhören, dass ich doch eine gute Figur habe.
Sobald ich mich im Spiegel sehe, hasse ich mich. Sobald ich mit Anderen unterwegs bin, sehe ich doch, wie fett ich geworden bin. Ich vergleiche mich. Habe ich schon immer gemacht. Und mir kann keiner erzählen, dass ich noch schlank bin. Und all die Lügen bringen mir auch nichts. Ich weiss es ja. Es ist dieser verdammte Gedanke. Und dieser Blick. Alles ist dick. Alles quillt. Und trotzdem fresse ich weiter. Heule. Schneide. Hasse. Weiss nicht mehr weiter. Und all das passiert neben meinem "normalen", aufgesetzten Leben in dieser Welt.
Toll, gratuliere. Du hast es mal wieder geschafft.