Freitag, 9. Oktober 2015

ich vermisse es.

Ich vermisse dieses leere Gefühl. Vermisse es, zu wissen, dass ich es heute mal wieder geschafft habe, den Tag ohne zu essen zu überstehen. Vermisse diese Leichtigkeit. Den dünnen Bauch. Die schlanken Beine. Die Zufriedenheit beim Einkaufen, wenn ich mich im Spiegel ansah. Die Überlegenheit, die ich hatte.
Ja, ich vermisse alles. So krank es auch klingen mag, ich vermisse sogar die Aufmerksamkeit, die ich für kurze Zeit bekommen habe. Aber am allermeisten vermisse ich meine schlanken Handgelenke und das Knurren meines Bauches. Die Gewissheit, die Kontrolle zu haben.

Es fühlt sich gerade wie ein Stich ins Herz an. Ich will diesen fetten, ekligen Körper nicht mehr. Ich will das Fett an meinen Beinen nicht mehr spüren. Die Cellulite und die Pickel sollen wieder verschwinden. Ich möchte die Lücke zwischen meinen Oberschenkeln wieder sehen. Ich hasse mich gerade. Es macht mich so kaputt. Und immer wieder aufs Neue enttäusche ich mich selbst. Nur, weil ich es jeden Tag aufs Neue nicht schaffe, weniger zu essen.
Jeden Abend schaue ich mir die Bilder von früher an, Tränen laufen mir übers Gesicht. Einerseits weil es mich traurig mach, was ich aus meinem Leben bisher gemacht habe, andererseits, weil ich einfach wütend auf mich bin. Wütend, weil ich diese ganze Arbeit die ich hatte. Das mühsame Verzichten innerhalb eines halben Jahres zerstört habe. Wütend, weil ich so dick bin, wie noch nie zuvor. Und mit jedem Tag dicker werde.

Rückblick:
Endlich hat sie sich überwunden. Monatelang könnte sie nicht über den Schatten springen und neue Hosen kaufen. Monatelang hat sie gehofft, es irgendwann noch zu schaffen, diese 12 kg wieder abzunehmen. Heute hat sie sich eingestanden, dass sie das wohl nicht mehr schaffen wird. Und sie wohl oder übel nie mehr in die Hosen der Grösse 34 und 36 passen wird.
So banal es für die einen klingen mag, für sie war es das grösste Versagen in ihrem bisherigen Leben.
Grösse 38. Ok. Hosen gepackt und in die Kabine. Irgendwie hatte sie wohl gehofft, die würden locker sitzen. Dem war nicht so. Grösse 38. Passt. Scheisse. Scheisse. Scheisse. In diesem Moment brach ihre ganze Welt zusammen. Tränen liefen über ihre Wangen. Nach einer Ewigkeit ging sie zur Kasse. Bezahlte. Lief nach Hause.
Ein ganz normaler Tag für viele Menschen. Für sie nicht.

Ja, in meinem Kleiderschrank liegen diese Hosen in Grösse 38. Zwei Paar. Ich könnte kotzen. Ich kann mir noch so lange einreden, dass mein Gewicht in Ordnung ist. Ich kann mir noch so lange von anderen anhören, dass ich doch eine gute Figur habe.
Sobald ich mich im Spiegel sehe, hasse ich mich. Sobald ich mit Anderen unterwegs bin, sehe ich doch, wie fett ich geworden bin. Ich vergleiche mich. Habe ich schon immer gemacht. Und mir kann keiner erzählen, dass ich noch schlank bin. Und all die Lügen bringen mir auch nichts. Ich weiss es ja. Es ist dieser verdammte Gedanke. Und dieser Blick. Alles ist dick. Alles quillt. Und trotzdem fresse ich weiter. Heule. Schneide. Hasse. Weiss nicht mehr weiter. Und all das passiert neben meinem "normalen", aufgesetzten Leben in dieser Welt.
Toll, gratuliere. Du hast es mal wieder geschafft.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen